Peter Wohlleben – Das geheime Leben der Bäume (Buchrezension, Teil I)
Wussten Sie, dass in einer Handvoll Walderde mehr Lebewesen stecken, als es Menschen auf der ganzen Welt gibt? Peter Wohlleben lüftet für uns die Geheimnisse des Waldes.
Bäume umgeben uns, sie sind überall, und dennoch wissen wir fast gar nichts über sie. Wollten Sie schon immer einmal wissen, warum ein Baum weiß, wann Frühling ist? Wie er gigantische Mengen an Wasser von den Wurzeln bis hoch oben in die Krone bis in das letzte Blättchen transportiert? Der renommierte Förster Peter Wohlleben gibt einen völlig neuen Einblick in die faszinierende Welt der Bäume. Wussten Sie, dass Bäume miteinander reden, sogar für uns hörbar? Oder dass sie Solidargemeinschaften bilden, in der schwächere Mitglieder unterstützt werden? Des Weiteren bricht Peter Wohlleben mit vielen gängigen Meinungen von Kollegen seiner Zunft und zeichnet ein Bild auf, das unser Verständnis und Umgang mit den grünen Riesen nachhaltig verändern dürfte.
Ein seltsamer Baumstumpf
Peter Wohlleben schildert gleich zu Beginn seines Buches eine sonderliche Begegnung mit einem Baum, besser gesagt einem Baumstumpf. Der Baum wurde hunderte Jahre zuvor gefällt, müsste also längst mausetot sein. Ist er aber nicht! Denn als er das überwuchernde Moos darüber entfernt, stellt er die grüne Farbe darunter fest, ein klares Indiz für Chlorophyll und damit für Photosynthese, die aber ohne Blätter gar nicht möglich ist. Seine Schlussfolgerung: Der gefällte Baum bekommt Unterstützung von seinen Kollegen um ihn herum. Von einer Solidargemeinschaft, in der er als ausgewachsener Baum einen hohen Stellenwert hatte. Die Kollegen versorgen ihn mit Zuckerlösung über die Wurzeln und halten ihn so am Leben. Wer das Buch im Vorfeld also in die Esoterikschublade gesteckt hat, dem wird alsbald klar, dass dieses Büchlein ein hochwissenschaftliches und neuartiges zugleich ist.
Was ist das eigentlich, ein Baum?
Der Autor beschreibt dieses Wesen Baum in allen Facetten, dass man nur so staunt, was man so alles nicht gewusst hat. Mit den Grundlagen fängt dies an. Hunderte Liter werden pro Tag von den Wurzeln bis hinauf in die Blätter transportiert und dort verdunstet, was der Baum durch das Phänomen der Kohäsion (Bindungskraft) und der Osmose zustande bringt, nach der das Wasser eines Blattes mit mehr Zucker in jenes fließt, das weniger hat, und so ein permanenter Ausgleich stattfindet. Das Wasser, das mit einer Geschwindigkeit von einem Zentimeter pro Sekunde nach oben schießt, ist sogar per Stethoskop hörbar. Im Kambium, jener Wachstumsschicht zwischen Rinde und Holz, wächst der Baum nun in die Höhe, um alsbald sein Blätterdach über der Konkurrenz auszubreiten. Denn die Natur, so Wohlleben, sei kann ausbalanciertes Ökosystem, in dem jeder seinen Platz habe. Nein, hier herrsche das Gesetz des Stärkeren.
Haben Bäume ein Gedächtnis?
Haben Sie sich mal ernsthaft gefragt, warum sich die Blätter im Herbst verfärben? Wohlleben gibt die Antwort. Die Bäume haben so viel Zucker eingelagert, dass sie „den Laden schließen“ und die restliche Energie aus den Blättern in den Stamm einlagern, um dann die Verbindung zu den Ästen für den Winter zu trennen. Dadurch wird das Chlorophyll in den Blättern in seine Bestandteile zerlegt, was in Gelb- und Brauntönen in den Blättern resultiert. Die Farbe ist zugleich eine Warnfunktion an Insekten aller Art. So wird ausgedrückt, wie vital der Baum ist und dass er sich gegen Befall wehren kann. Warum der Aufwand, fragt Wohlleben den Leser, warum die Blätter abwerfen und nicht einfach dran lassen? Nun, bis zu einer Million Blätter produziere ein Baum in der Saison, 1.200 m² Laub.
Für die Herbststürme bestände mit Blättern eine riesige Windlast, die im Stande wäre, den Baum umzuwerfen. Deshalb also kein Laub. Und woher weiß der Baum nun, wann Frühling ist und er mit der Bildung von Blättern in die Photosynthese-Saison starten soll? Ganz einfach, so Wohlleben. Er zählt die Tage. Erst dann, wenn es 13 Stunden hell sei, werde ausgetrieben, nicht vorher. So entginge man auch der Gefahr, zu früh zu treiben, zum Beispiel in einem warmen Februar, was bei wiederkehrender Kälte eine Gefahr wäre. Dass ein Baum der gleichen Art an anderen Stellen der Welt diese Strategie fortführt, erklärt Wohlleben damit, dass der Baum ein Gedächtnis haben müsse. Dies sei in den Wurzeln anzunehmen, die gar dem Gehirn ähnliche Strukturen aufwiesen.
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