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Savas Coban – Trail der Träume

*Anmerkung zu Beginn: Die hier gezeigten Bilder stammen von Savas Cobans’ Instagram-Account. Für die Verwendung erhielt ich seine Erlaubnis.

Im November 2022 steigt Savas Coban in den Flieger nach Peru, um zu seinem Weltrekord-Ultra aufzubrechen, dem er so lange entgegen sehnte. In den folgenden drei Monaten läuft er über 5.000 Kilometer weit, bewältigt über 200.000 Höhenmeter, durchquert dabei Wüsten, Gebirge und dichte Dschungel. Als er im Februar 2023 am Plaza des Armas in Lima ankommt, schaut er in die Kamera und richtet das Wort an seine Mutter. Er habe es geschafft, nun werde alles anders. Ein emotionaler Moment ist das und dem Extremsportler steigen dabei die Tränen in die Augen. Diese Emotionalität ist etwas, was den Film, was Savas Coban prägt, die gänzlich glaubhaft, authentisch ist. Danach ist der Film vorbei und Savas Coban steht vor der Leinwand, um Fragen zu beantworten. Er ist extra hierher gekommen nach Neustadt an der Weinstraße, ein Katzensprung von meiner neuen Stadt Landau aus und  klar, dass ich mir sowas nicht entgehen lasse. So einiges geht mir doch den Kopf jetzt und mehrmals bin ich drauf und dran, das Wort zu ergreifen und ihm diese Frage zu stellen, die mir irgendwie auf dem Herzen liegt. Letztlich lasse ich es aber, weil diese sich wie von selbst beantwortet, unangebracht wäre. 

Savas Coban kommt aus einfachen, gar einfachsten Verhältnissen. In Bremen als Sohn einer hart arbeitenden Mutter und ohne Vater aufgewachsen, hatte er es ganz sicher niemals leicht im Leben. Es ist großartig, wie der Film seine Herkunft kurz und prägnant darstellt, wie die Kamera durch die Plattenbau-Siedlung fliegt, und irgendwo dazwischen, Savas, laufend, trainierend. Kurz vor seinem Trip nach Peru, so erzählt er auf der Bühne, musste er Flaschen abgeben, so eng stand es um die Finanzen. Nicht nur von seiner Schwester kam ihm Unverständnis entgegen. Warum das alles, warum nicht ein normaler Job. Wie wolle er eine Grundlage schaffen für sich und eine spätere Familie? Anders seine Mutter: Das sei ihr Savas und sie wolle, dass er glücklich sei im Leben. Und genau das, diese Sache mit Peru, dieser Lauf, dieses ausgesetzt sein, dieses Abenteuer, genau das macht ihn glücklich. Nur dieses eine Mal noch, sagt er im Film. Vertraut mir noch einmal, gebt mir diese paar Monate Zeit, gebt mir dieses Abenteuer. Och werde euch zeigen, dass ich es hinkriege, dass ich von meiner Leidenschaft leben kann. Und wenn ich es nicht hinkriege, dann beginne ich ein normales Leben, dann füge ich mich.

Savas hat einen Traum. Er möchte nicht ein Leben lang irgendeinen Job machen, den er nicht liebt. Nein, er möchte von dem leben, das tun, was er liebt. Und spätestens seit seiner Radfahrt bis nach Sevilla und einem Lauf bis nach Istanbul ist ihm klar, ganz, klar, was er will. Er möchte ein Extremsportler sein, ein Abenteurer. Jemand, der Dinge tut, die schwierig sind und das Äußerste von ihm abverlangen. Als er ravir film über seine Pläne informiert, statten diese ihm einen Besuch ab und produzieren den Film mit ihm. Weil sie ihm das alles abnehmen, er authentisch ist, eine Vision hat, er andere inspirierend möchte, Großes zu wagen und die Grenzen herauszufordern. Jeder Mensch, so sagt er von der Bühne aus, habe ein Talent, könne etwas besonders gut, liebe etwas. Es gehe darum, dieses Etwas zu finden, diesem nachzugehen und vollständig zu leben. Fragen werden viele gestellt. Es meldet sich ein Lehrer, der den Film am liebsten seinen Schülern zeigen möchte, um diesen zu zeigen, dass alles geht, wenn man hart arbeitet und etwas wirklich, wirklich will. Und genau das sehe ich, genau das fühle ich während des Films auch.

Die Frage, die ich stellen wollte, wäre eine Leistungsbezogene gewesen. Ultralaufen ist heute eine der am stärksten wachsenden Sportarten weltweit. Einst von Exoten geprägt, laufen Spitzensportler bei Wettkämpfen wie dem UTMB eine Strecke von 170 Kilometern und 10.000 Höhenmetern in einen Mördertempo, das man zuvor für unmöglich hielt. Ein Läufer wie Savas Coban würde dort zweifelsfrei nicht auffallen, selbst bei den krassesten Rennen nicht, die die Ultraszene zu bieten hat. Auch musste ich an Scott Jurek denken und an sein Buch NORTH, in dem er den Appalachian Trail auf Speed läuft, an die äußersten Grenzen des Machbaren geht. Ich habe manchmal den Eindruck, dass einige Sportler alles tun, um irgendwie aufzufallen. Und wenn man sich mit den Eliteläufern nicht messen kann, dann läuft man eben einfach weiter. Langsam halt, aber eben weiter, oder höher, oder rückwärts, barfuß, oder sonst was. Aber wie gesagt, diesen Eindruck habe ich bei Savas Coban nach diesem Film überhaupt nicht. Später sagt er, dass es ihm nicht um Wettkampf gehe. Nie habe er Lust gehabt, einen Marathon zu laufen. Sein erster Lauf sei gleich 100K weit gewesen. Auch ein Ultra interessiere ihn nicht, denn dieser sei einfach vorbei mit dem Zieleinlauf. Nein, er möchte reisen, die Landschaft erleben, sich den eigenen Grenzen stellen, ein Abenteurer sein. Und er möchte davon seinen Lebensunterhalt bestreiten, in dem er andere inspiriert, an sich zu glauben. Und das nehme ich ihm zu einhundert Prozent ab, nachdem ich ihn hier und heute erlebt habe.

Die für mich magischste Szene im Film ist jene, als er an einen Schulhof kommt und einen mit einem Ball spielenden Jungen trifft. Er widmet sich diesem mit voller Aufmerksamkeit, spielt Ball mit ihm, lacht mit ihm, macht Klimmzüge mit ihm. In diesen Momenten, von denen der Film viele inne hat, strahlt die Person Savas Coban über den Sport hinaus und hat die Kraft, uns alle mitzunehmen.

Und so lässt mich der Film nachdenklich zurück. Was habe ich gemacht in meinem Leben? Bin ich zufrieden damit? Was könnte ich besser machen? Wie kann ich meine Kinder inspirieren, wie kann ich sie unterstützen auf ihrem Weg? Das Leben ist kurz und die Zeit, die wir haben, sollten wir nutzen, so gut es eben geht. Vielleicht geht nicht alles, aber es geht immer viel. Danke, Savas Coban, für diese Botschaft. Und zum Abschluss, anbei der Trailer für euch. KEEP ON RUNNING, PEOPLE!

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