Laufen, Sport

Laufen – was DU hast, das hast DU

An diesem Morgen fühle ich mich beschissen. Das liegt an der ein- oder anderen Weinschorle im Zuge des Deutschlandspiels den Abend davor. Am Morgen frage ich dann aber doch in die Family-Runde: “Hey, wäre es okay, wenn ich in Nussdorf einen Zehner laufe?” Ich weiß nicht warum, aber ich muss einfach mal wieder ein rennen laufen. Genehmigung erteilt, ein Zehner geht immer, dauert ja nicht lange. Ich wäre auch gerne nach Weinheim gefahren auf einen 28er-Trail-Wettkampf, das wäre so richtig gut gewesen, aber woraus die Zeit schnitzen? Ich weiß es auch nicht! Also fahre ich nach Nussdorf und überlege auf dem Weg noch, ob das wirklich eine gute Idee ist. Das Dumme hier ist – oder das Gute, wie man’s nimmt – dass einen im Gegensatz zu Berlin immer jemand kennt. Und da will man halt nicht komplett versagen bei so einer Veranstaltung, weshalb eine Teilnahme, wenn man sich Läufer nennt, gut überlegt sein will. Nun denn – lange geschlafen habe ich nicht, und die Schorle merkte ich auch – sch… drauf! Das ist meine Zocker-Mentalität. Außerdem hat das auch was von den Born to Run Helden – ich liebe dieses Buch – alias Scott Jurek und Jen Shelton, die durchaus ausgiebig zu feiern pflegten und trotzdem das Rennen am Tag danach nicht vergaßen.

Am Ende wird es in Nussdorf – das Rennen ist eines von mehreren in der Reihe des Energie-Südwest-Cup – eine sub 38 auf die 10K und ja, man muss das sagen, mehr als 100 Höhenmetern und dem damit einhergehenden Auf- und ab. Das ist dann Platz 5 (2 in der AK) und ich kriege sogar einen Gutschein im lokalen, richtig guten Laufladen. Ich möchte mir hier nicht selbst auf die Schulter klopfen und schreibe das auch nicht, weil ich diese sub 38 für eine gute Leistung halte, keineswegs. Sondern deshalb, weil ich mit überhaupt keiner Leistung gerechnet habe, und einer sub 38 sowieso nicht. Und genau das finde ich interessant.

Wenn man einfach so hin geht ohne irgendeine Ambition, einfach schaut was geht, dann kann das eine richtig spannende Angelegenheit sein. So ein Zehner auf Anschlag – so wie jeder Lauf auf egal welche Distanz auf Anschlag – ist immer hart, für jeden! Entscheidend aber ist, wie man mit der Härte, die man zwangsläufig bei so einem Lauf erfährt, umgeht. Hätte ich mich vorbereitet auf so ein Rennen, wäre ich dieses sicherlich anders angegangen. Bergab jedenfalls laufe ich heute, was die Kiste hergibt, mit viel Risiko ohne Ahnung, wie mir das auf der Folgegeraden bekommt. Und zwar einfach, weil ich Lust habe. Bergauf lasse ich Luft raus, lasse überholen, denn das nächste Downhill wird kommen, das ist sicher. Jedenfalls wird es ein tolles Rennen und ich schnuppere kurz am Platz drei, wobei ich mich dann doch zwei besseren Läufern geschlagen geben muss.

Ich kann eigentlich gar nichts analysieren, nur so viel, dass das völlige Verlassen auf die Intuition, dass sich völlige Einlassen auf den Moment, dass genau das viel Potential innehat und Power mobilisiert in jenem Moment, in dem einen ein aus den Fugen geratener Plan aus der Fassung bringen kann. Einfach nur weil man denkt: Fuck, ich bin nicht schnell genug, es läuft nicht. Und zack wird dir schlecht, weil sich das Gedankenkarussell dreht und dreht und auf den Magen schlägt. In diesem Sinne: wenn ihr mal denkt oder euch fragt, ob ihr bei einem Rennen mitmachen sollt oder nicht, so richtig hadert, macht es einfach trotzdem, oder gerade deswegen. Und um auf die Headline zurückzukommen. Was du hast, das hast du. Es ist da und abrufbar, wenn du es brauchst. Das ist eine sehr schöne, langfristig ausgelegte und erarbeitete Tatsache, die einem das Laufen schenkt.

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