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Wie man einen Halbmarathon in 1:25 Stunden schafft

Wer die 10 Kilometer im Wettkampf in zirka 38,5 Minuten oder schneller laufen kann und keine Schwierigkeiten hat, diese Distanz auch im Training unter 40 Minuten zu bewältigen, für den ist eine 1:25 auf den Halbmarathon ein ambitioniertes, erreichbares Ziel. Eine Pace von 4:03 über 21 Kilometer durchzuhalten ist nun etwas völlig anderes als 10K Vollgas. Zum einen spielt das Wissen um den idealen Pulsbereich eine Rolle, zum anderen jenes um die taktische Herangehensweise und, wie bei einem Marathon auch, das Widerstehen des Drangs eines zu schnellen Losgehens im Rennen. Im Rahmen meiner Artikel …

… gehe ich vermehrt auf die Grundlagen des schnellen Laufens ein, wie etwa die Schrittfrequenz, den Fußauftritt und den Laufstil als solchen. Ich gehe davon aus, dass einem Läufer, der eine 1:25 anvisiert, diese grundlegenden Dinge bekannt sind und gehe im Rahmen dieses Textes mehr ins Detail.

MaSanBlog Halbmarathon

Der ideale Pulsbereich
Im Bereich 85 bis 88 Prozent der HF Max befindet sich die anaerobe Schwelle, also jene Grenze, bei der der AEROBE BEREICH aufhört und der ANAEROBE BEREICH beginnt. Ein gut trainierter Läufer kann einen Halbmarathon in diesem Bereich laufen. Im Gegensatz zu einem Marathon, der in der Regel im Bereich 80 bis 85 Prozent gelaufen wird, ist es bei den 21K okay, hin- und wieder in den roten Bereich zu kommen, solange man im Schnitt stets unter der anaeroben Schwelle bleibt. Denn liegt man zu lange darüber, passiert das klassische Muster: Wir gehen eine Sauerstoffschuld ein. Sprich: Die Muskeln verbrauchen mehr Sauerstoff als wir zuführen können, bilden das Abfallprodukt Laktat, übersäuern und es kommt zum Leistungseinbruch. Bei schnellen 10K nun ist der Puls kein Kontrollinstrument, weil dieser durchaus deutlich über 90 Prozent liegen kann und darf, eine Sauerstoffschuld also gezielt und bewusst eingegangen wird. Die Kunst liegt dort also nicht darin, eine Muskelübersäuerung zu vermeiden, sondern vielmehr das maximale Maß zu eruieren, also einen maximalen Punkt der Überlastung, der genau jenem Moment in den Leistungseinbruch übergeht, in dem wir die Ziellinie überschreiten.

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Zielzeit
Den Berliner Halbmarathon habe ich im Zuge meiner Hamburg-Marathonvorbereitung gemacht, genauso wie einen Wettkampf über die 10K. Ich strebte eine 3:15 oder schneller auf die 42 an und Vorwettkämpfe auf 10 oder 21K gehören in jeden Trainingsplan für einen Marathon. Sie dienen der Feinjustierung, also der Eruierung, ob ein Ziel zu hoch oder vielleicht auch zu tief gewählt ist. Nachdem ich mit einer 38:01 auf die 10K besser abgeschnitten habe als gedacht, setzte ich mein Ziel auf die 21 höher auf eine Sub 1:26. Würde ich diese schaffen, würde ich die Marathonzielzeit ebenfalls nach unten anpassen. Nun, beim Berliner Halbmarathon habe ich eine 1:25:27 geschafft, was ungefähr meiner geplanten Pace von 4:03 Minuten/Kilometer entspricht, also mehr oder weniger exakt wie geplant.

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Die individuelle HF Max
Jetzt ist es natürlich interessant zu prüfen, wie hoch denn nun mein Puls in diesem Rennen im Verhältnis zu meiner HF Max war. Stimmt denn der genannte Bereich zwischen 85 und 88 Prozent der HF Max für einen Halbmarathon in meinem spezifischen Fall? Nun, gemäß Standardformel (220 abzgl. Lebensalter) hätte mein Puls 93 Prozent der HF Max betragen, wäre also voll anaerob gewesen. Nun muss man wissen, dass die HF Max grundsätzlich genetisch bedingt und nicht wirklich trainierbar ist. Gerademal die Hälfte aller Läufer liegen im Bereich jener groben Formeln wie oben genannter oder jener von Hirofumi Tanaka (HF Max = 208 – 0,7 x Lebensalter). Viele weichen sogar ganz erheblich davon ab, was bedeutet, dass ein großer Teil von Läufern entweder massiv unter oder massiv über Potential trainiert im fälschlichen Verlass auf eine solche Formel oder Laufuhren, die wie auch immer die HF Max berechnen. Aus diesem Grund wenden fortgeschrittene Läufer und Profis die HF Peak an, die idealerweise über eine Ergometrie genau beim Leistungseinbruch gemessen wird. Alternativen sind der Cooper-Test oder andere Arten von Selbsttests. Meine HF Max habe ich über einen Selbsttest ermittelt (Meine HF Max liegt wesentlich höher als nach Formel!) und komme, also in Bezug auf meinen gelaufenen Halbmarathon in 1:25:27, auf einen Bereich zwischen 86 und 88 Prozent meiner HF Max. Das entspricht also genau jenem Bereich, in dem ein gut trainierter Läufer die 21K angehen und durchhalten kann. Vom Empfinden har kann ich sagen, dass viel mehr nicht drin gewesen wäre und kann deshalb jedem empfehlen, die individuelle HF Max am besten über eine Leistungsdiagnostik feststellen zu lassen, oder eben wie ich im Selbsttest, was nicht risikolos ist, sollte man nicht kerngesund sein.

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Verschieben der anaeroben Schwelle
Die anaerobe Schwelle lässt sich nun durch Training im Bereich von 80 bis 90 Prozent der maximalen Herzfrequenz trainieren bzw. nach oben verschieben. Es handelt sich dabei um ein sogenanntes Entwicklungstraining, durch das der Milchsäureabbau verbessert wird. Ziel ist es also möglich zu machen, den roten Bereich besser aushaltbar zu machen bzw. die Muskeln dazu zu bringen, langsamer zu übersäuern oder erst in noch höheren Pulsbereichen. Intervalleinheiten beispielsweise haben genau diesen Zweck. Durch diese Einheiten gelangen wir für kurze Zeit in den anaeroben Schwellenberiech, erholen uns und wiederholen die Belastung in Intervallen von 400, 1000, 2000 oder 3.000 Metern Länge, je nach Trainingsplan. Durch konsequentes Intervalltraining wird es möglich, eine höhere Pace auf 5, 10 und 21K zu gehen. Wo dann das Limit auf diese Distanzen liegt, also genau jener Punkt, an dem der Leistungseinbruch einsetzt, muss eruiert werden und ist generell als fließend zu bezeichnen. Wichtig ist es, den Puls auf der Uhr lesen zu können und zu wissen, wann genau bzw. ungefähr man in den roten Bereich hineinläuft. Ab dann gilt es, diese Kippgrenze langsam zu ertasten und zu prüfen, ob sich das eigene Limit wie gewünscht mit der Zeit nach hinten verschiebt, was ideal ist. Denn das bedeutet, dass man eine gewohnte Distanz schneller laufen kann als bisher. In jedem Fall ist es wichtig zu wissen, dass ein stumpfes Hineinlaufen in den roten Bereich und das Halten einer zu hohen Geschwindigkeit auf eine Distanz über 21Knicht machbar ist, weil es in jedem Fall zum Leistungseinbruch kommen wird.

Training
Ein Training auf den Halbmarathon mit einer Zielzeit von 1:25 sieht, ob nun als Testwettkampf im Zuge des Trainings auf einen Marathon oder als eigenständiges Ziel, fünf Trainingseinheiten in der Woche über einen Zeitraum von sechs bis zehn (wenn im Zuge eines Marathons als Testwettkampf angedacht) vor. Ein ausschließlich auf einen Halbmarathon ausgerichteter Trainingsplan über sechs Wochen könnte in etwa so aussehen:

  • Mo: –
  • Di: Intervalleinheit, alternierend 1.000er, 2.000er und 3.000er Intervalle
  • Mi: Langsamer Dauerlauf
  • Do: Tempolauf über 5 bis 10K
  • Fr: –
  • Sa: Langsamer Dauerlauf
  • So: Langer und langsamer Lauf

Aus dieser Verteilung werden drei Prinzipien deutlich:

  • Es gibt maximal 1 bis 2 intensive Einheiten (>85% HF Max) pro Woche
  • Dazwischen liegen mindestens 48 Stunden
  • Die intensiven Einheiten (>85% HF Max) machen maximal 1/3 des Trainingsumfangs aus

Macht man den Halbmarathon nun als Testwettkampf im Zuge eines Marathontrainings, so muss man wissen, dass der Halbmarathon dabei nicht im Fokus ist. Zwar stehen auch dabei zwei Tempoläufe in der Woche an, aber sowohl Intervall- als auch Tempoläufe werden weniger schnell gelaufen und in der Folge ist die Verteilung von Trainings- und Regenerationstagen anders. Aus diesem Grund lässt sich sagen, dass sich durch ein ausschließliches Training auf einen Halbmarathon bessere Resultate auf explizit diese Distanz erreichen lassen. Deutlich wird das, wenn man sich manche wirklich sehr gute Läufer im Hobbybereich anschaut, die extreme Leistungen auf die 10K (unter 34 Minuten) und 21K (unter 1:15 Stunden) schaffen und gar keine Marathons laufen. Sie sind also spezialisiert auf Kurz- und Mitteldistanz.

Taktik im Rennen
Mit der üblichen Woche Tapering eine Woche vor dem Wettkampf steht man voller Energie an der Startlinie. Das Losgehen mit einer 3:50er Pace wäre kein Problem, es erscheint leicht. Aber Vorsicht! Wie bereits erwähnt, sollte hier das Wissen um die Muskelübersäuerung bei zu langem Verweilen im roten Bereich stärker wiegen als dem Drang, los zu dreschen wie ein Irrer. Macht man letzteres insbesondere in der ersten Hälfte, kommt der Leistungseinbruch ganz sicher und man wird gegen Ende hin gnadenlos einkassiert von Läufern, die cleverer sind. Die besten Ergebnisse lassen sich durch einen konstanten Lauf erreichen, der wenn überhaupt nach hinten hin an Geschwindigkeit zulegt. Bei meinen 1:25 beim Berliner HM zügelte ich mich also von Anfang an auf eine 4:10er Pace auf den Kilometer und lies andere vor im Wissen, dass hier einige verdammt schnelle Jungs dabei sind, die das können. Was ich aber auch wusste war, dass ich den aller größten Teil dieser Läufer auf den letzten Kilometern einkassieren würde. Da war ich mir absolut sicher, und so war es dann auch. Ich ging also mit einer 4:10er los für etwa 5K, hörte in mich hinein und erhöhte dann die Pace sukzessive bis etwa die Hälfte geschafft war. Stets nah an der anaeroben Schwelle, aber nicht drüber. Mit null Laktat in den Muskeln erhöhte ich jetzt das Tempo rapide auf eine 3:55 auf den Kilometer im Wissen, dass sich auf die zweite Hälfte eine Sauerstoffschuld eingehen lässt, wie eben bei einem 10K Lauf auch. Das ist natürlich etwas riskant und abhängig von der Erfahrung und dem in sich Hineinhören in diesem Moment. Jedenfalls lief ich dieses Tempo und schaute, was passierte, lies wieder davon ab auf eine 4:05, aber nicht mehr langsamer. Das hatte auch etwas mit Gruppenbildung zu tun bei einem dünnen Feld im vorderen Bereich dieses Wettkampfes. Meine Durchschnitts-Pace pegelte sich irgendwo zwischen 4:05 und 4:10 ein bis etwa Kilometer 17, und ab da erhöhte ich mein Tempo wieder auf eine 3:55er Pace. Ich ging bewusst in den roten Bereich im Wissen, dass eine Übersäuerung sich nicht mehr in einem Leistungseinbruch bemerkbar machen würde. Ich zog in dieser Phase an sehr vielen Läufern vorbei, deren Gesichtsausdruck verrieten, dass sie fertig waren. Reiner Kampf war das, mit langsamer werdender Geschwindigkeit. Bei mir war es die pure Leichtigkeit, mit zunehmendem Speed, also genau das Gegenteil. Ich war nicht besser als diese Läufer, lediglich meine Renneinteilung war eine andere. Mit Platz 374 Gesamt (43 in der Altersklasse) von über 13.000 Läuferinnen und Läufern endete ich unter den schnellsten 4 Prozent der Männer, unter den schnellsten 2,5 Prozent insgesamt und unter den schnellsten 4 Prozent bei den Männern in meiner Altersklasse. Die Bestrafung eines zu schnellen Losgehens habe ich mehrfach erlebt, zuletzt beim Müggelsee Halbmarathon letztes Jahr, wo ich so langsam wurde, dass es am Ende nicht einmal für eine Sub 1:30 gereicht hatte. Dieses Mal war ich derselbe Läufer, aber smarter! Dieser für mich tolle Erfolg ist der taktischen Herangehensweise geschuldet, dem Wissen um den roten Bereich und einer effizienten Lauftechnik.

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