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Jon Krakauer – in eisige Höhen (Buchrezension)

Das Jahr 1996 war das dramatischste in der Geschichte des Mount Everest. Viele Menschen, darunter zwei der erfahrensten Bergsteiger der Welt zu dieser Zeit, verloren ihr Leben. Mit dabei war auch der erfahrende Bergsteiger und Journalist Jon Krakauer, der für das Outdoor-Magazin ‘Outside’ einen Artikel über die Expedition veröffentlichen sollte. Vier Jahre nach der Tragödie wird er mit dem Weltbestseller ‘In eisige Höhen’ einen Klassiker der Alpinliteratur schreiben und die Geschehnisse am Berg an jenem schicksalhaften Tag verarbeiten.

Kommerzialisierung des höchsten Berges der Welt
Im Jahr 1996 ist das Basislager am Everest alles andere als ein einsames Pflaster. Viele Expeditionen tummeln sich bei guter Stimmung dicht an dicht mit ihren Zelten und unternehmen Akklimatisierungs-Ausflüge in die Höhe, um sich auf die gefürchtete Todeszone vorzubereiten, die jeden einzelnen der Bergsteiger bald erwarten wird. Mit dabei ist Jon Krakauer, der als Journalist über die Kommerzialisierung des Berges berichten soll. Zu dieser Zeit kostet die Teilnahme an einer Expedition bereits mehrere zehntausend Dollar. Was das Buch neben den detailreichen Schilderungen so gut macht, ist vor allem Krakauers erzählerischen Talent. Bevor man sich als Leser im Basislager wiederfindet, holt der Autor weit aus, in dem er tief in die Geschichte des Berges vordringt. Er erzählt die Geschichte der besagten Bergsteiger Mallory und Irvine, die vielleicht die ersten Menschen auf dem Gipfel waren, aber nie zurückgekehrt sind. Sir Hillary und ein Sherpa namens Norgay jedoch schafften es offiziell als erste und ihnen folgten die mutigsten und besten Bergsteiger der Welt. Messner und Habeler schafften es als erste Menschen ohne künstlichen Flaschensauerstoff. Als im Jahr 1985 ein Hobbybergsteiger namens Dick Bass auf dem Gipfel stand, begann jedoch ein neues Zeitalter am Berg. Aus aller Welt zog es viele zwar nicht erfahrene, aber zahlungskräftige Kunden an den Berg, die sich, von wiederum sehr erfahrenen Bergführen, auf das Dach der Welt führen lassen wollten.

Der Mount Everest
Fast 240 Menschen fanden bisher am Everest den Tod. Bild: Pixabay

Sehr detailreiche Schilderungen
Krakauer holt wie gesagt weit aus, schreibt über die verschiedenen Beweggründe der Bergführer und Teilnehmer, am Gipfelsturm teilzunehmen. Kathmandu erwacht vor den Augen des Lesers zum Leben. Der Weg zum Basislager, das langsame Gewöhnen an die Höhe, die unglaubliche Arbeit der Sherpas wird sehr deutlich. Es ist dieses kleine Volk inmitten des Himalayas, ohne die solche Expeditionen gar nicht denkbar wären. Es sind diese Menschen, die die schwere Ausrüstung zum Fuß des Berges tragen, den Weg mit Leitern über den lebensgefährlichen Khumbu-Gletscher bahnen und schließlich auch die komplette Ausrüstung etappenweise immer höher in die verschiedenen Höhenlager schleppen. Nebenbei fungieren sie als Babysitter für unerfahrene Schnösel, die sich den Berg hinauftragen lassen und im Anschluss angeberische Bücher darüber schreiben wollen. Auch die denkbar unterschiedlichen Charaktere am Berg werden geschildert, angefangen von sehr reichen Kunden, die in luxuriösen Zelten das Basislager in eine Partyzone verwandeln, über Bergsteiger, die es zum wiederholten Mal versuchen und nun endlich schaffen wollen. Mit dabei ist auch ein gewisser Göran Kropp, der alleine mit dem Fahrrad anreist, seine Ausrüstung selbst zum Berg schleppt und diesen ohne zusätzlichen Sauerstoff bezwingen möchte. Man sieht also, 1996 war einiges los am Berg. Viele Schwierigkeiten kommen zum Vorschein. Einige der Teilnehmer haben Probleme mit der Höhe, leiden unter Erschöpfung, kämpfen mit nicht eingelaufenen Bergschuhen. Die teilweise bedenklichen hygienischen Bedingungen werden sichtbar, denn zigtausende Bergsteiger haben hier bereits ihre Spuren hinterlassen und das Basislager zu einer Freitoilette und Müllhalde werden lassen, was übrigens nicht nur für das Basislager, sondern für den ganzen Weg nach oben gilt. Dieser ganze logistische Aufwand, mit dem sich so viele Bergsteiger hier einfinden, hinterlässt schon bald beim Leser den Eindruck, dass das alles nicht richtig und gut ist.

Bergsteiger
Als die Bergsteiger von einem Wetterumschwung überrascht werden, beginnt eine Kampf gegen den Tod. Bild: Pixabay

Der Gipfelsturm
Schließlich machen sich die verschiedenen Expeditionen nacheinander auf den Weg nach oben, um nach mehreren Akklimatisierungs-Trips in immer höher gelegene Basislager bis in die Todeszone vorzudringen. Nun kommt es zu einer schicksalhaften Verkettung von Umständen. Immer wieder ereignen sich Staus, ganz besonders am legendären Hillary Step, der jeweils nur von einem Bergsteiger und von einer Richtung aus überwunden werden kann. Menschen müssen in Eiseskälte mit nur noch wenig Flaschensauerstoff warten, bis sie an der Reihe sind. Vielen Kletterern schwinden die Kräfte, werden aber nicht, was die Vernunft und eigentlich die Regel ist, nach unten geschickt. Zu sehr liegt die Last auf den Bergführern Scott Fischer und Rob Hall. Ihre Kundschaft hat sehr viel Geld bezahlt für diesen Trip und erwartet den Erfolg. Für die teils völlig unqualifizierten Kunden mühen sich die zwei Männer zu sehr ab, was letztlich auch ihre Kräftereserven erschöpft. All diese Verkettungen führen zu einem verspäteten Gipfelansturm, was sich eigentlich verbietet. Als letztlich ein verhängnisvolles Unwetter aufzieht, lässt auch das die Bergsteiger kalt. Voller Entsetzen beobachtet Jon Krakauer dieses Unglück und ist mittendrin, als weit oben in der Todeszone ein Schneesturm den Gipfel zu einem für alle Beteiligten Kampf mit dem Tod verwandelt.

Fazit
Jon Krakauer hat ein unglaubliches Buch geschrieben, das das Blut in den Adern gefrieren lässt. Schonungslos wird der Raubbau des Abenteuertourismus enthüllt, die er an diesem Berg begeht und dessen Mythos damit herabwürdigt. Ein kleine Laune dieser Naturgewalt Mount Everest genügt, um jeden Menschen, außer einen, in die Schranken zu weisen. Keine Wetterprognose, keine noch so teure Ausrüstung kann eine sichere Besteigung des Gipfels garantieren. Die Besteigung des Everests ist ein Spiel mit dem Tod, und Amateure haben dort nichts zu suchen!

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Ma San[/Avatar]

2 Kommentare

  • René Franken

    Das bunte Bergfoto ist übrigens die Amadablam, nicht der Everest. Ist auch kein Achttausender. Pixabay ist dann doch eher unkonkret.
    Warum eine Rezension nach so langer Zeit. Das Buch ist gut, keine Frage aber sonst hat’s nen Bart. Es ist seit 2000 doch schon einiges mehr erschienen.

  • MaSan

    Hi René,
    danke für den Comment! Ehrlich gesagt komme ich nicht aus der Szene. Ich bin über ‘Into the Wild’ auf dieses Buch gestoßen und fands einfach klasse. Deswegen so spät. Vielleicht kennen es auch noch nicht alle, von daher dachte ich, “Spread the Word”!

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