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Günter Faltin: Kopf schlägt Kapital (Buchrezension, Teil II)

Dies ist der zweite Teil meiner Buchrezension über ein Must-Read für jeden zukünftigen Entrepreneur, Kopf schlägt Kapital von Günter Faltin. Hier gehts zum ersten Teil.

Die Umsetzung der Teekampagne – Komponenten
Sei die Idee zu einem fertigen Konzept gereift, gelte es, die Prinzipien der Teekampagne anzuwenden. Faltin nennt dies die Anwendung von Komponenten. Komponenten einzusetzen bedeutet das Finden von Partnern für die Konzeptumsetzung. Sprich, man holt sich Experten ins Boot für all die Sparten des Geschäfts, in denen man sich eben nicht auskennt. Partner mit hoher Professionalität. Und genau das erlaubt es dem kleinen Entrepreneur, im Konzert der Großen mitzuspielen. Eine Komponente bietet zum Beispiel die Firma Go Ahead, die alle bürokratischen Formalitäten übernimmt. Sekretärsaufgaben könne man an das ebuero outsourcen. Des Weiteren gibt es Anbieter für Onlineshops, so dass man sich auch darum nicht kümmern muss. Auch das Rechnungswesen kann ausgelagert werden, zum Beispiel an die von Faltin betriebene Projektwerkstatt. Ein wichtiger Punkt ist auch die Auslagerung der Versandlogistik an einen Experten am Markt.

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Alles, was ein Unterneherm heute braucht, ist ein Mobiltelefon und ein Laptop. Bild: Firmbee, pixabay

Eine Firma wie Hapag Loyd zum Beispiel übernehme die komplette Verschiffung inklusive Zollabfertigung und Lieferung von A nach B. Somit habe man einen Zugang zum Markt, der bis dato nur den großen Firmen zur Verfügung stand. Durch den Einsatz von Komponenten habe man zunächst überhaupt keine Fixkosten und auch kein Invest wie zum Beispiel bei der Eröffnung eines Restaurants. Kosten fielen nur bei tatsächlichem Umsatz an. Der Endkunde bestellt bei der Teekampagne also eine Großpackung Tee, und erst ab dann läuft das Mühlrad. Dadurch entfiele ein Großteil der Gründungsrisiken und die Arbeit sei von Anfang an effizient, die Überlebenswahrscheinlichkeit erheblich höher. Der 16 Stunden Arbeitstag, den man Gründern nachsagt, entfiele dadurch komplett. Die Arbeit übernehmen andere, man selbst koordiniert lediglich die Komponenten. Jetzt wird sich der ein oder andere Leser fragen: „Hey, alles outsourcen kostet doch ein Haufen Kohle, what the fuck!“ Damit sind wir wieder bei der Ursprungsidee. Die Idee, das Konzept muss so gut sein und der Preisvorteil so hoch, dass man sich diese professionellen Partner leisten kann. Alles steht und fällt mit dem Konzept. Jetzt sei es auch an der Zeit, Berater mit Erfahrung heranzuziehen. Auch die Angst vor großen Invests wie bei der Teekampagne, die zu Beispiel für den Import großer Mengen notwendig ist, sei unbegründet aufgrund der Tatsache, dass man dem Kunden einen signifikanten Preisvorteil bietet. Der Rest ist im Prinzip Formsache. Alles, was der Entrepreneur braucht, sind Telefon und Laptop!

Ratiodrink
Sehen wir uns Beispiele an für die erfolgreiche Anwendung der Teekampagne, wie die Rationdrink GmbH. Die Idee für das Projekt lag darin, so Faltin, Fruchtsaftkonzentrat ohne Zwischenhandel direkt zum Kunden zu bringen mit einem unschlagbaren Preisvorteil. Die Äpfel werden am Ursprungsort gesammelt, zu Konzentrat verarbeitet und in Großbehälter abgefüllt. Von einem Dienstleister wird es dann in formgerechte Packungen verfüllt und bei Bestellung direkt an den Endkunden geliefert, der sich das Konzentrat selbst mit Wasser mischt. Alle Schritte werden also von professionellen Dienstleistern übernommen, die bezahlt werden können, weil das Konzept stimmig ist und einen klaren Marktvorteil bietet, in diesem Falle aufgrund des niedrigen Preises. Der Entrepreneur delegiert den ganzen Prozess nur noch und Kosten fallen nur bei einer tatsächlichen Bestellung an.

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“Unsere Wünsche sind die Vorgefühle der Fähigkeiten, die in uns liegen, die Vorboten desjenigen, was wir zu leisten imstande sein wären.” Johann Wolfgang von Göthe. Bild: tpsdave, pixabay

Artefakt
Das Ganze wurde von Artefakt auf Olivenöl übertragen, mit ähnlichem Erfolg. Das Konzept auch hier: Kopromisslose Qualität, Großpackungen, Lieferung zum Endverbraucher und die Nutzung von Komponenten, also einem fertigen Bestellsystem (wie zum Beispiel der Projektwerkstatt), einem Verpacker, einem Transportunternehmen usw. 14 Stunden Arbeitstag? Von wegen, sagt Faltin. Es wird alles delegiert.

Eine Erfindung ist nicht das Entscheidende
Faltin nennt viele andere erfolgreiche Entrepreneure, die ähnlich vorgegangen sind mit großem Erfolg. Der eine lässt Seife herstellen und bietet diese in Großpackungen an, der andere macht ähnliches mit Zahnbürsten, wiederum ein anderer mit Salz aus dem Roten Meer. Bei all diesen Projekten wurde nichts Neues erfunden. Es wurden lediglich Bezugsquellen ausfindig gemacht und die Frage gestellt, wie man das Produkt billiger an den Mann kriegt, was jeweils durch Großpackungen und den Wegfall des Zwischenhandels ermöglicht wird. All das, so Faltin, seien einfache und nicht komplexe Ideen. Es sei der Zwischenhandel, die Werbung und der Vertrieb, was Produkte teuer mache. Die Website Direkt zur Kanzlerin wird genannt, eine skalierbare, also übertragbare und sehr einfache Idee. Und die Firma Migros, die Reis und Teigwaren zu unschlagbaren Preisen anbietet. Und auch von zwei Jungs ist die Rede, die myalbum gründeten, indem sie das Thema Fotoalbum neu durchdachten. All das sind keine neuen Erfindungen. Erfinder, so Faltin, hätten in der Vergangenheit gegenüber Innovatoren oft den Kürzeren gezogen. Ein gewisser Herr Goodyear beispielsweise sei sehr, sehr arm gestorben. Die smarten Erfinder der Spracherkennungssoftware Cartologic seien schnell pleite gegangen. Grund dafür waren Nachahmer, die besonders im Techsektor schnell aufholen. Nicht die Erfindung sei also das Entscheidende, sondern die Akzeptanz am Markt.

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“Wäre ich auf eine Business School gegangen, hätte ich das Unternehmen nie gegründet.“ Anita Roddick, Gründerin von Bodyshop. Bild: Firmbee, pixabay

Kein gutes Wort für die klassische BWL
Auf die klassische Betriebswirtschaftslehre als Voraussetzung für das Entrepreneurship ist Faltin nicht gut zu sprechen. Diese lege den Schwerpunkt auf die Organisation, nicht auf die Idee. Diese nämlich werde als gegeben angesehen. Die New Economy des ersten Internet-Booms wird genannt. Startups, die zwar mit sehr viel Kapital ausgestattet waren, aber reihenweise pleite gingen. Als Grund nennt Faltin das Fehlen von Ideen, von Konzepten. Die BWL wurde für Großunternehmen erfunden mit dem ganzen Rattenschwanz an Marketing, Organisation, Buchhaltung und Rechnungswesen. Gerade für Marketing werde immer mehr Geld ausgegeben, so dass die Kosten dafür jene des Produkts sogar übersteigen. Gründern wird nun suggeriert, in all diesen Themenfeldern bewandert sein zu müssen. Doch für Normalmenschen, so Faltin, seien diese völlig unpraktisch. Potentiellen Gründern würden die Flausen ausgetrieben, und gute Ideen so den Tod durch konventionelles Denken sterben. Anita Roddick, die Gründerin von Bodyshop, wird zittiert: “Wäre ich auf eine Business School gegangen, hätte ich das Unternehmen nie gegründet.“

Die BWL verkörpere viel zu sehr althergebrachtes Denken. Dass man das Haus der Großmutter verpfänden und sich anschließend 16 Stunden pro Tag durchbeißen müsse, um erfolgreich zu sein. Eine Denkweise aus dem letzten Jahrtausend, so Faltin. Tüchtigkeit sei noch lange nicht gleichzusetzen mit Erfolg. Statt einen Businessplan zu erarbeiten, wie es die BWL fordere, käme es vielmehr auf die Verfolgung der Idee an. Auf gesunden Menschenverstand, Instinkt und darauf, den Horizont im Auge zu behalten. Entrepreneurship sei im Kern ein kreativer Akt. Warum, so Faltin, gebe es einem Master of Business Administration und keinen Master of Ideas? Auch unser Bildungssystem gerät in die Kritik. Unsere Lehrer seien nie in privaten Unternehmen tätig gewesen und erzögen uns auf eine abhängige Beschäftigung hin. Wer wundere sich also über so wenige Entrepreneure, die die Gründung eines Unternehmens wagen? Nein, wir bräuchten eine Kultur des unternehmerischen Denkens und Handelns.

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